“Es ist fünf vor zwölf”

Jahreshauptversammlung der Feuerwehr Seeheim mit mahnenden Worten

Die Personalstärke bei Einsätzen am Tag war ein großes Thema kürzlich bei der Jahreshauptversammlung der Freiwilligen Feuerwehr Seeheim in der Fahrzeughalle des Stützpunkts. Pandemie-bedingt hatte das Bilanzziehen nicht wie üblich im Januar stattgefunden, sondern wurde in den September verlegt.

Wehrführer Jens Ramge musste in seinem Bericht für 2020 den Verlust von fünf Einsatzkräften beklagen, die entweder umgezogen sind oder aus Zeitmangel ihr ehrenamtliches Engagement bei der Feuerwehr Seeheim aufgegeben haben. Zum Teil waren dies Feuerwehrleute, die auch tagsüber zu Einsätzen kamen – ein rar gewordenes Gut in den vergangenen Jahren. Derzeit sind 80 Menschen in der Einsatzabteilung aktiv, regelmäßig verfügbar im klassischen Arbeitszeitfenster an Vor- und Nachmittag sind nur rund 20.

Ramge bezeichnet im Jahresbericht die Personalpolitik der Gemeinde Seeheim-Jugenheim zudem als desolat, da 2021 aus den Reihen der Gemeindeverwaltung weitere fünf Tageseinsatzkräfte wegbrächen. „Es ist fünf vor Zwölf und Parteipolitik, Lippenbekenntnisse, gegenseitige Schuldzuweisungen und das Abwälzen von Verantwortung auf Verwaltungsorgane helfen hier nicht weiter. Tun Sie gemeinsam endlich das, was Ihre Feuerwehr seit Jahrzenten für Sie tut. Legen Sie für den Moment Vorurteile und Animositäten ab und setzen Sie sich gemeinsam mit Herzblut für das Wohl und die Sicherheit Ihrer Bürgerinnen und Bürger ein“, sagte der Wehrführer während seines Vortrags ins Mikrofon.

Auch Gemeindebrandinspektor Stefan Katzer sprach später in seiner Rede von möglichen, großen Problemen für Brandschutz und Hilfeleistung am Tag – nicht nur für die Wehr aus Seeheim, sondern für alle in den Ortsteilen. Hauptamtliche Einsatzkräfte, die im schlimmsten Fall notwendig werden würden, um die Sicherheit in der Gemeinde zu gewährleisten, bezeichnete Katzer als nur äußerst schwierig in ein seit vielen Jahrzehnten von Freiwilligen getragenes Konstrukt Feuerwehr zu integrieren. Abhilfe könnte ein größerer Fokus auf den Brandschutz bei Neueinstellungen der Gemeinde bringen, doch verpflichtend für Bewerber darf eine Mitarbeit in den Einsatzabteilungen rechtlich nicht sein. Das stellte auch Erster Beigeordneter Thomas Fischbach fest, der Bürgermeister Alexander Kreissl mit seinem Besuch auf der JHV der Seeheimer Wehr vertrat. Er bat Ramge in seinen Grußworten jedoch an, sich zeitnah mit dem Wehrführer und dem Gemeindevorstand an einen Tisch zu setzen und nach Lösungen zu suchen.

167 Einsätze musste die Freiwillige Feuerwehr Seeheim im Jahr 2020 abarbeiten, darunter auch ein großer Gebäudebrand „Am Landbach“, ein schwerer Verkehrsunfall am Straßenbahnübergang „Im Schecken“ sowie ein Feuer in einer Wohnung „Im Weihereck“.

Dem Ausbildungsbetrieb machte die Corona-Pandemie deutliche Probleme. Von 23 angesetzten Diensten und Zusatzterminen fanden nur sechs statt, mehr verhinderten die verhängten Auflagen. Freude bereitete den Seeheimer Blauröcken das Eintreffen ihres neues Einsatzleitwagens im August vergangenen Jahres, dessen Ausschreibung und Aufbau sich zuvor lange hingezogen hatten. Abwarten heißt es jedoch weiter beim Start der Sanierung des in die Jahre gekommenen Feuerwehrhauses. Ramge hofft in seinem Bericht auf den Beginn von Bauphase Eins noch in 2021.

Kurz fiel die Bilanz des Musikzugs der Feuerwehr Seeheim für vergangenes Jahr aus. Die Pandemie hatte dem kulturellen Aushängeschild fast alle Auftritte und Übungsstunden genommen, einzig in der Fastnachtssaison 2020 war die Truppe öffentlich zu sehen sowie beim Vortrag von Weihnachtsliedern zum Advent, gespielt von einzelnen Musikern aus dem Korb der Drehleiter an besonderen Plätzen im Ort.

Bereits zum März 2020 hatte ein neues Führungsteam die Aufgaben von seinen Vorgängern Tanja und Sascha Roß übernommen, wurde allerdings jäh vom Virus ausgebremst. Bei der notwendig gewordenen Neuwahl auf der JHV bestimmten die anwesenden Mitglieder des Musikzugs Thomas Hartmann einstimmig zum Stabführer. Für ihr jahrelanges Engagement erhielten Tanja und Sascha Roß anschließend noch ein Präsent sowie viele Dankesworte.

Zudem berichteten die Verantwortlichen für Jugendfeuerwehr, Kinderfeuerwehr und die Ehren- und Altersabteilung von ihren – ebenfalls corona-bedingt – wenigen Aktivitäten und Treffen in 2020.

Geehrt und befördert wurde ebenfalls, genauso wie es von Seiten der Wehr- und Vereinsführung noch Lob und anerkennende Stimmen für den scheidenden Pressewart Klaus Kraft gegeben hatte, der sein Amt – bis zur endgültigen Wahl auf der Hauptversammlung des Vereins Freiwillige Feuerwehr Seeheim, die später in diesem Jahr stattfindet – zunächst kommissarisch an seinen Nachfolger Matthias Weißmann weitergab.